An Tagen wie diesen....
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Sonntag 2. August 2015, 8.00 Uhr: ein schwungvoller Sprung aus dem Bett, ein erster Blick zum Himmel und dann der kurze Wettercheck am PC. Alles klar, das ist der perfekte Tag! Mit schwachem Ostwind, sehr guter Thermik und hoher Wolkenbasis könnte das einer der besten Flugtage des Jahres werden. Sofort stand das Tagesziel vom Startplatz Oberkochen-Ost über die Schwäbische Alb Richtung Südwesten zu fliegen fest. Ein Vorhaben das schon lange auf meiner Wunschliste steht.

In den letzten Jahren habe ich die Alb viel mit dem Rad erkundet. Über die Laichinger und Münsinger Alb, dem Sonnenbühl, dem Kornbühl und dem Hohenzollern bin ich bis Rottweil geradelt. Mein großer Wunsch war daher, diese einmalige Landschaft auch mal wieder von oben betrachten zu dürfen. Die letzten Flüge, noch im Segelflugzeug, über diese tolle Gegend lagen schon sehr lange zurück.

Mit ungebremstem Elan wurde die Ausrüstung verlanden und Richtung Oberkochen gestartet. Zielgerichtet steuerte ich den Parkplatz Volkmarsberg an und dann....! meldete sich Thomas am Telefon. Er hatte alle guten Argumente parat, warum das heute am Osthang nicht fliegbar sein sollte. Irgendwann wurde auch ich unsicher. So traf man sich erst einmal am Parkplatz Rotstein zur Lagebesprechung. Nadine und Johannes bereicherten unsere Diskussionsrunde gleich darauf. Mir kam es vor als litten alle außer mir heute unter mangelnder Motivation und Entschlossenheit. Sämtliche Alternativen wurden diskutiert und wieder verworfen und dann wieder von vorne diskutiert. Irgendwann wurde mir das zu viel und ich sah meinen Plan angesichts der fortschreitenden Zeit in Gefahr. Daher verließ ich die Gruppe trotz aller pessimistischen Aussichten und machte mich auf den Weg zum Ost-Start.

 Oben stand der Wind perfekt an und regelmäßige Ablösungen zogen über den Startplatz weg. Da niemand da war um die neue Situation zu diskutieren machte ich mich gleich startklar und schwang mich bei der nächsten guten Phase in die Luft. Bingo!  Es ging gleich in einer Thermikblase nördlich von Startplatz nach oben. Ein paar mal wurde nachzentriert und der Kreis verlagert dann wieder eine neue Blase gesucht.

Bei rund 800m über Start und noch einiges von der Basis entfernt war aber Schluss. Bekanntermaßen bin ich etwas ungeduldig in der Luft und halte mich nicht gerne an der gleichen Stelle auf. Daher ging es dann gleich weiter Richtung Irmannsweiler. Mein Entschluss wurde kurz darauf mit kräftigem Sinken belohnt. Nach einigen Zick-Zacks um dem Sinken zu entkommen fand ich etwas Steigen in dem ich einige Höhenmeter wieder gutmachen konnte. Deutlich unter Basishöhe ging es weiter Richtung Amalienhof. Östlich vom Flugplatz über dem Wentalwald konnte ich nochmals etwas Höhe machen. Zwar immer noch nicht Basis, aber ich war höher wie die Segelflieger um mich herum. Das beruhigte irgendwie. Ein Funkspruch an meinen Vater der heute mit dem Segelflieger in Bartholomä gestartet war blieb unbeantwortet.

Und weiter gings... erstmal wieder abwärts. Aber dann, über der Wentalgaststätte stand zuverlässig wie immer der Bart. Rein, rum und rauf bis zur Wolke war hier das Motto. Beim Abflug unter der Wolke wurden die kleinen Kondensfetzen noch mitgenommen. Denn die nächsten Kilometer waren blau. Erst auf der Höhe Söhnstetten stand wieder eine Wolke. Motiviert und guten Mutes flog einfach mal los. 

Nach einigen Kilometern erkannte ich dass unter der anvisierten Wolke bereits ein Gleitschirm kreist. Da kann ja nichts mehr schiefgehen und drückte      den Beschleuniger noch etwas weiter. 

Die Aufwindquelle erreichte ich ca. 200m tiefer wie der kreisende Gleitschirm und konnte den Schlauch nach ein paar Suchschleifen gut zentrieren. Gemeinsam, mit etwas Abstand, machten wir Höhe und winkten uns immer mal wieder zu. Wie sich am Abend beim Blick in den DHV-XC herausstellte war der Pilot Thomas Baudisch. Er war an der Winde in Dischingen gestartet und flog nun auch über die Alb nach Südwesten. Thomas flog, da etwas höher, als erstes ab Richtung Geislingen. Da ich die falsche Frequenz gespeichert und somit keine ATIS-Informationen hatte hielt ich mich etwas südlicher. Über dem Segelflugplatz Oppingen konnte ich wieder Höhe machen. Bei 2300 Meter verließ ich immer die Aufwinde, obwohl die Basis deutlich höher lag. Aufgrund fehlender aktuellen Luftrauminformationen blieb ich immer unter der Minimumbegrenzung von 7500ft. Bei Merklingen überquerte ich kreisend die A8 und hielt dann auf den Flugplatz Laichingen zu. Der Aufwind stand dort über dem Wald südlich der Piste. 

Der in der Höhe schwach Wind aus Südost versetzte mich beim Kreisen weiter Richtung Böhringen. Aus der Luft erkannte ich die Gaststätte in der ich vor ca. 3 Jahren während der Alb-Gold-Mountainbike-Trophy übernachtete. Gleich dahinter liegt Hengen und danach ist schon deutlich das Seeburger-Tal auszumachen. Mehrere Male bin ich da von Urach aus hinauf auf die Alb nach Trailfingen geradelt. Südlich meiner Position liegt der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen. Die Kirche vom ehemaligen Ort Gruorn ist deutlich sichtbar. Auch die Beobachtungstürme kann ich erkennen, überall da war ich schon mehrmals mit dem Rad unterwegs. Über das Seeburger Tal hinweg geht es weiter Richtung Sonnenbühl. Im Norden erkenne ich die Teck und den Neuffen im Schatten einer großen Wolke. Thomas Baudisch der einen nördlicheren Kurs flog, aber immer in Sichtweite war, sehe ich hier ein letztes Mal. Er ist ein Stück zurückgefallen.

 Die Aufwinde sind wirklich ein Genuss heute. Kräftige, zuverlässige Aufwinde befördern mich immer wieder zügig bis an die Luftraumobergrenze. Die Wolken darüber sind mächtig mit tief-dunkler Basis. Die Beschleunigung nach oben beim Einflug in die Thermik ist richtig spürbar. Einige Male drückt es mich mächtig und anhaltend in den Gurt.

 Am Riesenrad auf dem Sonnenbühl vorbei, über Willmandigen hinweg (im Tennisheim war ich auch schon Gast für eine Nacht) geht es Richtung Kornbühl. Über der Salmendiger Kapelle kann ich in steigender Luft ein paar Kreise drehen und ein Foto machen. Dieser fast mystische Ort ist mir von einigen Besuchen gut in Erinnerung. Die kleine Kapelle steht auf dem Kegelberg mitten in einer großen weiten Fläche ohne erkennbare menschliche Zivilisation. Von diesem Hügel aus ist, egal in welche Richtung man Blickt, keine Ortschaft zu sehen. Beim Blick in die ferne auf die 
menschenleere Hochebene ohne Verkehrslärm oder störenden Geräuschen wird       einem die Winzigkeit seines Daseins so richtig bewusst.

Die Hohenzollernburg auf dem vorgelagerten Hügel bei Hechingen wird nun immer deutlicher sichtbar. Schon auf der Höhe Münsingen waren die Umrisse auszumachen und in mir reifte da der Plan den Hohenzollern anzusteuern. Auch er war schon Endpunkt einer tollen Radtour über die Alb.

 Ich verlies den Kornbühl querte den Farrenberg und hielt vor der Alb auf den Hohenzollern zu. Die Stuttgarter Luftraumbeschränkung gibt es hier nicht mehr und so konnte ich ungehindert Höhe machen. Die Wolke südlich des Farrenbergs mit ihrer tiefschwarzen Unterseite katapultierte mich mit sehr starkem aber total ruhigem Steigen Richtung Basis. Ich sah die Wolkenuntergrenze förmlich auf mich zu rasen. Dies lag jetzt bei ca. 2600m. rechtzeitig verließ ich den Aufwind und steuerte mein gestecktes Ziel an. Als ich die Burg in großer Höhe überflog war das ein ganz tolles Erlebnis. Der lange geheime Wunsch von Oberkochen aus die Schwäbische Alb entlang zu fliegen ging in Erfüllung und mit dem Sightseeing Abstecher wurde ein weiterer Höhepunkt markiert.

Die Flugdistanz betrug nun knapp 100 km. Klar, diese Marke musste überschritten werden, wofür ich auch noch eine satte Höhenreserve hatte. Meine Flughöhe lag deutlich über 2000m NN und an Aufwinden mangelte es nicht. So flog ich weiter Richtung Balingen immer den Kilometerzähler im Blick. Die Hohenzollernburg lag hinter mir und voraus war der Plettenberg erkennbar. Einen kurzen Moment wurde ich unschlüssig. Vielleicht doch weiterfliegen bis ins Neckartal oder sogar darüber
hinaus? Es war noch zeitig am Tag und die Wetteroptik war weiterhin unverändert sehr gut. Nein, ich entschied mich für mein ursprünglich anvisiertes Ziel. Den tiefen Vorbeiflug an der Zollernburg wollte ich mir nicht entgehen lassen. Ich hielt dies für einen krönenden Abschluss des Fluges, schöner wie weitere XC-Kilometer mit einer Landung im Irgendwo. Da die 100km-Marke nun überschritten war wendete ich kurzerhand und flog zurück Richtung Hechingen.

Die Hohenzollernburg thronte von der Sonne beschienen auf dem Hügel vor der Alb und bot ein super Fotomotiv. Im Hintergrund, auf der Alb war noch den Salmendinger Kapelle zu erkennen. Mit dieser Perspektive glitt ich weiter, bis sie unter mir lag: die Burg der Hohenzollern. Majestätischer Endpunkt einer meiner Radtouren und nun auch das Ziel eines gigantischen Gleitschirmfluges. In niederer Höhe umrundete ich das Gebäude machte ein paar Fotos und winkte den Besuchern im Burghof zu.

Im Gleitflug erreichte ich den Ortsrand von Bisingen wo ich auf einer Wiese einlandete. Überglücklich von diesem Flugerlebnis packte ich meine Ausrüstung zusammen und machte mich auf den Weg zum Bahnhof. Die Erlebnisse der Rückreise mit der Bahn sind dann eine Geschichte für sich.

                                                                                                                                           Gelandet! Das Abenteuer war damit aber noch  nicht vorüber